Puch VS50 - Wenn das Glück zwei Räder hat
Mit einem stolzen Lachen im Gesicht hebt er die Abdeckung und schiebt sie auf die Seite. Darunter eine kleine Schönheit. Eine kleine, alte Schönheit. Geradezu liebevoll streicht er über den Benzintank. „Alles Original!“ Seine Augen strahlen. Kein Wunder, vor ihm steht sein Jugendtraum.
Fahrender Traum
Als er ein Jugendlicher war, beleben Mopeds die Straßen von Kufstein. Für Reinhard Amort steht damals schon fest, er will auch ein Moped. Allerdings nicht irgendeines. Es muss ein Puch VS50 sein. „Ich weiß noch genau, wie die Briefträger damals mit solchen Mopeds gefahren sind. So ein schwarzes Puchmoped war einfach mein Traum.“ Und sollte es auch lange bleiben. Zwar arbeitet der Kufsteiner bei der Post und kauft sich privat ein Moped. Aber an sein Traummoped kommt er nicht ran. „1954 sind diese Mopeds rausgekommen. Da gab es die massenhaft, aber jetzt sind sie fast ausgestorben.“ Als Erwachsener sieht er „sein“ Moped zu Duzenden in der Steiermark in Museen, aber zu kaufen, gibt es seinen Traum nirgends.
Klingel trifft Lichtschalter
Ein spitzbübisches Grinsen und Reinhard klingelt. Eine Fahrradklingel. Natürlich Original. „Ein Hupe hat es damals noch nicht gegeben. Und zum Bremsen gibt es einen Rücktritt, wie früher bei den Fahrrädern.“ 1kw, 45km/h Höchstgeschwindigkeit, in der Ebene versteht sich. Auch die Pedale sind wie bei einem Fahrrad gestaltet. Allerdings ist treten zum Starten nicht zu empfehlen. „Das geht zu schwer.“ Anschieben, aufspringen und hoffen, dass der Motor anläuft, ist das Motto von Reinhard. „Und das hier ist der Lichtschalter.“ Tatsächlich. Am vorderen schwarz glänzenden Kotflügel sitzt ein kleiner Kippschalter. Der Einschaltknopf für das Licht. Am Lenker kann noch zwischen Fern- und Abblendlicht gewählt werden – ein echter Luxus.
1957 – ein guter Jahrgang
„Der Tacho hat nicht funktioniert.“ Eigentlich hat gar nichts funktioniert. Damals, als ihn sein Schwiegersohn anrief und ihm sagte, dass er in Hochsöll bei einem Bauern ein Puchmoped VS50 entdeckt hat. „Ich habe gesagt, da muss ich sofort rauf.“ Gesagt getan. Und es kam wie es kommen musste. Liebe auf den ersten Blick. „Ja, das war es wirklich. Vor allem als ich entdeckt habe, dass wir das selbe Geburtsjahr haben.“ 1957. Dass Reinhard ohne sein Moped nicht nach Hause fährt, versteht sich von selbst. Das gute Stück wird sofort aufgeladen. Gefahren ist das Moped damals nämlich keinen Zentimeter. „Motorisch war alles etwas, naja. Aber, es war immer noch die Originalfarbe drauf und kein Rost zu sehen. Das Ding muss 30 Jahre in einem Schuppen gestanden sein.“ Nichts geht, aber wofür hat man denn einen Schwiegersohn, der sich auskennt.
"Ich weiß noch genau, wie die Briefträger damals mit solchen Mopeds gefahren sind. So ein schwarzes Puchmoped war einfach mein Traum."
Die Post ist da
Für über 100 Stunden verschwinden die beiden im Keller. Die Winterbeschäftigung. „Sind schon nett solche Arbeiten im Winter unten im Keller. Wobei ich ja nur der Handlanger war. Die Technik interessiert mich zwar, aber das war es dann schon.“ Kabel, Bremse, Kupplungsseil alles wird erneuert, der Motor komplett zerlegt. Bastelstunde. Alles bleibt Original. Was fehlt, wie etwa die obligatorische Luftpumpe, wird im Original besorgt. Das Tüpfchen auf den i ist für den leidenschaftlichen Postler das Postschild auf dem Kotflügel. „Das habe ich von einem alten Postfahrrad abgeschraubt, das musste einfach rauf. Schon als Erinnerung an die Postmopeds.“
Einmal um den Block
Und dann kommt dieser eine Tag. Ob er sich noch daran erinnert? „Ja, das war schon ein ganz besonderer Tag.“ Reinhard streicht über den Puch-Aufkleber am hinteren Kotflüge. „Der ist auch noch original.“ Ein sentimentales Lachen und ein leiser Seufzer. „Ja das war schon ein Traum, die erste Ausfahrt. Ich bin einmal um den Häuserblock gefahren.“ Und dann natürlich auch der Schwiegersohn. Zwei Runden um das Haus und dann eine kleine aber feine Feier. „Wir haben uns ein schönes Bier aufgemacht auf die Freude, dass das Moped fährt.“ Eine kleine Hürde wartet noch, da es für die alte Dame keinen Typenschein gibt. Aber davon lässt sich Reinhard jetzt nicht mehr aufhalten und im Frühjahr 2013 hat er die Anmeldung in der Tasche und kann richtig losziehen.
Auf ein Eis
Gefahren wird natürlich nur bei Schönwetter und keinesfalls im Winter. „Da würde es ja sofort rosten.“ Heuer war die Schönheit noch nie im Freien, das Wetter war noch nicht schön genug. Wenn Reinhard ausfährt, muss schon alles passen. Und das Fahrgefühl? „Das ist, wie wenn du mit einem E-Bike unterwegs bist. Du brauchst nicht treten und kommst trotzdem vorwärts. Ein angenehmes Gefühl, weil es kein Rasen gibt.“ Voriges Jahr war er mit seiner großen Liebe etwa am Buchberg bei Ebbs, in Mariastein oder auf der Hintertux. Kaffee trinken oder Eis essen. „Weite Ausflüge kannst du vergessen. Ich bleib lieber in der Nähe. Für den Fall, dass etwas nicht funktioniert. Weil schieben ist nicht so nett.“
Schönwetter bitte
1.000 Kilometer ist Reinhard inzwischen damit gefahren. Insgesamt hat die Lady 11.000 Kilometer auf den Rädern. Wobei die Räder sind ja neu, allerdings in Originaloptik, das versteht sich von selbst. „Viele, die mich sehen, denken sich sicher das ist ein Spinner, der fährt mit 58 Jahren mit einem Moped, aber das stört mich nicht. Ich hab einfach meine Freude damit.“ Wann er heuer das erste Mal ausfahren will? „Mal schauen wann das Wetter stabil ist. Aber vorher will ich sie noch einmal putzen.“ Zum Abschluss ist Probesitzen angesagt: Fahrradfeeling mit bequemem, breitem Sattel und eine riesen Portion Nostalgie.
Texte werden erst lebendig, wenn sie gelesen werden.
In diesem Sinne: DANKE für´s Teilen ;)
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Daniel Falle (Sonntag, 12 Juli 2015 22:15)
Schön Adriane
Adriane (Samstag, 25 Juli 2015 12:52)
Danke Daniel :-)