Zwischen rosa Skijacke und quietschgrünem Parker stand ich vor der alles entscheidenden Entscheidung. Schreikrampf oder Lachanfall. Und das alles wegen ein paar Kartoffeln.
Ein Fisch sieht rosa
Das war vergangene Woche. Mitten im Stoßverkehr. Stau. Das einzig erfreuliche finde ich direkt vor mir. Eng geschnittene Jeans, knackiger Po. Tja und dann hört es auch schon auf. Rosa Skijacke. Abgesehen davon, dass ich mich mit Rosa irgendwie nicht anfreunden kann, was macht bitte ein Mann mit der Optik in einer rosa Skijacke? Wobei die Skijacke so ganz nebenbei erwähnt die Farbe des Schinkens perfekt wieder gibt, den die Verkäuferin gerade aus der Vitrine hebt. Ich steh im Supermarkt an der Feinkostabteilung. Einkaufswagen an Einkaufswagen, Samstag Vormittag - Shoppingstau. Mein Ziel: Fisch. Mein Dilemma: eine Verkäuferin & ein Mann. Ein Mann mit rosa Skijacke und Knackpo aus der Schweiz.
Schinkenschlange
Schweizer sind ja bekanntlich langsam. Aber, dass sie auch so wenig entschlussfreudig sind. Während Mr. Schweiz im Zeitlupentempo seine Wünsche äußert und dreimal abändert, beginnt die Verkäuferin den Schinken aufzuschneiden. Ihr Tempo, angepasst an den Schweizer. Liebevollst legt sie eine Scheibe Schinken neben die andere. Weder die immer länger werdende Schlange noch meine flehenden Blicke bewegen sie dazu, sich schneller zu bewegen. Ich überlege ernsthaft, ob es nicht auch Staumeldungen in Supermärkten geben sollte.
Mordgedanken, dem Käse sei Dank
Naja immerhin Zeit, einen Blick Richtung Kühlabteilung zu werfen. Das männliche Wesen in dem quietschgrünen Parker dreht nun schon zum zweiten Mal die Runde um die Sonderangebote in dem Kühlbereich. Bewundernswert. Mir ist nach der 1. Runde immer so zu kalt, dass ich auf jede weitere verzichte. Nicht so Mr. Frosch. Er setzt zur dritten Runde an, ohne Erfolg. Der Einkaufswagen ist leer. Dafür hat er einen A4 großen Zettel in der Hand – ich tippe auf Einkaufsliste. Sein Blick spricht Bände – „Verloren im Kühlbereich“. Wäre eigentlich ein guter Filmtitel.
Das rosa Männchen vor mir, lässt inzwischen seinen Sack gefüllt mit liebevollst aufgeschnittenen Schinken im Zeitlupentempo in den Wagen sinken. Muss ja auch vorsichtig behandelt werden so ein liebevoll aufgeschnittener Schinken. Seine Mundwinkel umspielt ein zufriedenes Grinsen. Aufatmen auf meiner Seite, jetzt komme ich zu meinem Fisch. Oder auch nicht. Mr. Schweiz holt erneut aus. Käse! Ja nur welcher? Kann mir irgendjemand erklären, wieso es Mr. Schweiz nicht geschafft hat, sich den Käse auszusuchen, während Mrs. Langsam den Schinken im Zeitlupentempo seiner Bestimmung zugeführt und aufgeschnitten hat.
Mein Fisch muss jedenfalls noch auf mich warten, während Mr. Quietschgrüner Parker, inzwischen habe ich ihn übrigens umgetauft auf Mr. Frosch, aufgibt und den Kühlbereich verlässt – Status Einkaufswagen: leer. Gesichtsausdruck: Hilfe!
Wiedersehen macht keine Freude – vom Knackpo einmal abgesehen
Stunden später (zumindest kommt es mir so vor) komme ich endlich zur Kassa. Leider lenken mich die letzten Sonderangebote etwas ab, so dass eine rosa Skijacke samt Knackpo an mir vorbeiflitzen kann. Wieso ist der auf einmal so schnell?!
Ich stelle mich hinter die rosa Skijacke. Immerhin haben sich zu dem Schinken nur ein Bund Bananen und ein Kräutertopf gesellt. Und vor allem, sitzt an der anderen Kassa ein Mann. Nein, ich habe keine Vorurteile, aber Männer in Kombination mit Supermärkten sind mir seit ein paar Minuten mehr als suspekt. Ich habe da so meine Erfahrungen gesammelt – ich sag nur: rosa Skijacke und Mr. Frosch. Mit absoluter Sicherheit würde ich an der Männerkassa ewig brauchen. Sicher funktioniert etwas nicht und bis dann eine weibliche helfende Hand heran eilt, nein danke. Da schon lieber noch einmal Rosa ertragen. Immerhin ist die Jeans ja blau, muss ich halt etwas weiter nach unten schauen.
Äpfel gegen Bonuskarte
Mr. Schweiz wurde beim Kassensprint übrigens von Mr. Frosch geschlagen. Dass Mr. Frosch sich nicht mit der Bonuskarte seiner Frau auskennt und die Frage, ob denn heute die Rabattpunkte eingelöst werden sollen mit dem Griff zum Handy quittiert, hätte mich stutzig machen sollen. Noch wäre Zeit gewesen zu Mr. Kassa zu wechseln. Hätte ich machen sollen. Die Diskussion am Handy bezüglich Rabattpunkteeinlösung findet ihren Höhepunkt in einem Dackelblick in Richtung Kassiererin und einem „Wir brauchen noch Äpfel!“. Mr. Frosch entfernt sich in Richtung Obstabteilung und ich überlege ernsthaft meine Lebensmittel auf dem Förderband wieder einzusammeln und auf die andere Kassa zu wechseln, männlicher Kassier hin oder her. Allerdings ist die Schlange dort inzwischen recht lang. Im Gegensatz zu meiner, hinter mir gähnende Leere.
Glücksgefühle bis zur Kartoffel
Dass Äpfel abgewogen werden müssen, hätte Frau Frosch ihrem Mann vielleicht auch noch sagen können. Jedenfalls nimmt sich die Kassiererin ein Herz und erledigt das für Mr. Frosch. Ich hätte sie dafür küssen können. Dass Mr. Rosa Skijacke seinen Kräutertopf liebevoll in Papier einpackt, versteht sich von selbst, dass ihm die Kassiererin dabei auf seinen Knackpo starrt, anstelle meinen Fisch über das Scannerfeld zu ziehen, ebenfalls. Nach einer gefühlten Ewigkeit habe ich meinen Fisch endlich bezahlt. Glücklich verlasse ich den Supermarkt, bis zu dem Moment in dem mir einfällt, dass ich ganz dringend auch noch Kartoffel brauche ;)
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DidgeToni (Mittwoch, 21 Januar 2015 22:12)
Sehgr humorvolll und gut geschrieben gratuliere..
adriane-gamper (Mittwoch, 21 Januar 2015 23:16)
Danke dir Didge Toni!
Peter Gossner (Donnerstag, 22 Januar 2015 09:39)
Genau so schauts im richtigen Leben aus. Perfekt, stil- und humorvoll auf den Punkt gebracht. Bilder im Kopf. Das ist schon fast ein Drehbuch.Treffender geht's nicht, viele werden eigene Erfahrungen darin entdecken. Yessss!
Christian Nerat (Donnerstag, 22 Januar 2015 12:13)
Volltreffer!!!! Super geschrieben. Da kann man(n) sich ja richtig reinfühlen und Mitleid haben. Hatte am Anfang irgendwie das Gefühl das rosa Skijacke und Mr. Frosch zuammengehören. Könnte auch heissen "Verloren im Supermarkt". Ich glaub so ähnliche Situationen hat doch jeder schon mal erlebt. Gratuliere!!!
Dirk (Samstag, 24 Januar 2015 11:46)
Liebe Adriane,
du bist so was zu beneiden. Komische Typen, langatmige Bestellungen, Verzögerungen beim Bezahlen, ziellose Herumgondeler, hilflose Frauenanrufer, Träger augenätzender Klamotten... alles das erlebe ich in höchster Vollendung bei jedem meiner Einkäufe. Und wo ist die höchste Konzentration solcher Typen? Immer in der Schlange vor mir. Und wann gibt es am meisten davon? Wenn ich es am eiligsten habe. Aber was mir nie passiert, worüber du dich freuen solltest: ein Knackpopo als Augenankerpunkt während der Wartezeit. Ich würde den einer Frau bevorzugen, bin aber wenig optimistisch, dass mir das je vergönnt ist.
Viel Spaß bei allen zukünftigen Einkäufen mit hoffentlich vielen Knackpos beim Warten in der Schlange.
LG Dirk
adriane-gamper (Dienstag, 27 Januar 2015 10:48)
Lieber Peter,
danke für deine Komplimente zu meinem Text, von dir als Marketing- & Textprofi freut mich das ganz besonders!
Adriane